Zeitströmungen

 

Menschen möchten ständig wirksam sein. Jedenfalls die meisten. Tiere sind einfach nur da, streifen durch die Natur, handeln entsprechend ihrer Instinkte. Ein Tier sieht, dass ein anderes stirbt, aber es denkt wahrscheinlich nicht darüber nach, wie es das Altern aufhalten, den eigenen Tod verhindern oder hinausschieben könnte. 
Wir Menschen sind ständig dabei, das Leben verlängern, verschönern, unendlich machen zu wollen. Ich möchte zwar kein Tier sein, aber ich würde gerne wissen, wie man diesem Druck des Bewusstseins um den Tod entgehen kann. 
Hingabe an das Leben und das Sein. 
Ich bereite mich oft vor oder sichere mich ab gegen Dinge, die nie eintreffen. Und andersherum kommen manchmal Situationen auf mich zu, mit denen ich nie gerechnet habe und auf die ich dann eben nicht vorbereitet bin. Diese unfassbare Masse an Menschen, die diese Erde bevölkern, die vielen unterschiedlichen Denkweisen und Kulturen, die religiösen Vorstellungen und Glaubenssysteme, verursachen eine große Verwirrung. Wir sind nicht eine Welt, es sind viele Welten, die auf diesem einen Planeten versuchen zu existieren. Die furchtbaren Kriege mit dieser entsetzlichen Brutalität sind Ausdruck für die Hilflosigkeit des Menschen. Auch die, die sich als spirituell bezeichnen, und eigentlich sich für besser halten, als die übrige Welt, sind letztlich hilflos. Eingelullt in ihre rosa Blase aus Licht und Liebe, haben sie keine wirksame Antwort auf den Hass. Sie ziehen sich lediglich zurück, um damit ja nicht in Berührung zu kommen. Dabei gibt es Zeitströmungen, denen wir uns nicht entziehen können. Ich glaube, die Rechtsradikalität ist eine andere, als sie es vor 80 Jahren war. Geschichte kann sich nicht exakt wiederholen, aber die Zeitströmungen wiederholen sich in ihrer Qualität wie das Wetter, wie Tag und Nacht, wie die Jahreszeiten. Wir sind dem ausgesetzt und müssen das so annehmen und wahrhaben. 
Wir können nicht aus einem Winter einen Sommer machen, aber wir können unsere Haltung dazu ändern, uns darauf einstellen und die Wärme in uns bewahren, damit die Kälte nicht unser ganzes Sein verschlingt.

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