Trost der Worte

 

Während die Welt scheinbar völlig aus den Fugen gerät, während die Menschen sich gegenseitig die Köpfe einschlagen, während das Klima uns zu ersticken droht, während ich oft keinen klaren Gedanken mehr fassen kann, warum und wieso das alles passiert, währenddessen also lernt meine kleine Enkelin Felicitas sprechen. 
Sie, die nichts weiß von den schlimmen Nachrichten aus der Welt des Mord- und Totschlags, freut sich an ihren ersten Worten und wird nicht müde am Klang von „Emmentaler“. Mit Begeisterung wiederholt sie es immer wieder, wirft die Silben förmlich durch die Luft, als wären es bunte Bälle, macht eine Pause und beginnt erneut mit „Ämmentaaaler“, wobei sie das Wort zieht und dehnt und ihm dann hinterherlacht. 
Wie die Klänge aus ihrem Mund purzeln und sie voller Staunen sich selbst zuhört und erneut ein Lachen aus ihr herausbricht! Da sitzt sie auf ihrer Schaukel im Garten. Ganz versonnen schwingt sie hin und her. Ihr kleines Gesicht mit den großen blauen Augen wirkt wie in Trance, der Blick in die Weite gerichtet, so, als ob sie direkt in den Himmel schauen könnte. Und urplötzlich ruft sie es laut heraus, diese einmalige Wortschöpfung: „Schaukelschuhe! Schaukelschuhe!“, als habe sie soeben eine Erleuchtung gehabt. Dabei streckt sie ihre roten Schuhe weit von sich, dem Himmel entgegen. 
Dieses kleine Mädchen schickt mir den Trost der Worte, macht mir bewusst, was ich beinahe vergessen hätte, nämlich, dass Worte Klang sind, dass sie gesprochen, gerufen und gesungen uns in eine Sphäre der Leichtigkeit heben können. Worte, unser Elixier des Selbstausdrucks, wenn sie direkt aus unserem Innersten kommen, tragen uns in eine Welt, die hoffen lässt.

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