Ich trage keinen großen Namen

Momentan fühle ich mich wie ein lebendes Fragezeichen. Wo man hinschaut, wenn man hinschaut, sind Potenziale, Ressourcen, Möglichkeiten, und dennoch werden sie nicht genutzt. Brachliegende Kraftquellen, die untergehen im Wust von Angst und Hysterie. Was zu tun wäre, um junge Menschen oder überhaupt Menschen den Sinn und Wert ihres Daseins erfahren zu lassen, darüber sind sich Künstler und Psychologen einig. Ihre Angebote sind allerdings selten marktschreierisch und nicht mit sofortiger Wirkung. Es braucht Zeit, Geduld und Vertrauen. Alles das, was weder in Politik noch Wirtschaft genug vorhanden ist. Ich kenne einige Künstler (einschließlich mich selbst), die für wenig Geld (ja, manchmal nicht mal den Lebensunterhalt deckend) mit ihrer Arbeit enorm viel bewirken. 

Vor etlichen Jahren arbeitete ich nur zweimal an einem Vormittag mit jugendlichen Schülern, die wirklich problematisch waren, weil sie wenig Zukunft sehen konnten. Wir erforschten gemeinsam die Körpersprache, beschäftigten uns mit Breakdance und was es bedeutet, wenn man sich in die Augen sieht. Nur diese zwei Vormittage veränderten die Wahrnehmung der Klasse zum Positiven - für eine nachhaltige Wirkung hätte es aber eine kontinuierliche Arbeit gebraucht. Nach Winnenden bot ich damals meine Arbeit an, wurde abgelehnt, da man nach einem Schauspieler suchte, der einen Namen hatte und mit Schülern ein Stück einstudieren würde. Nur dann würden Gelder dafür locker gemacht. Wichtig ist dann auch, dass man schnell ein Ergebnis sieht. Spender wollen sehen, wo ihr Geld bleibt. Auf diese Weise bleibt aber ein großer Teil der Potenziale auf der Strecke. 

Meine Freundin, die Clownin, meine Freundin, die Malerin und ich: wir arbeiten mit viel Optimismus und Engagement weiter. Doch da wir keinen großen Namen tragen, bleibt unsere Arbeit oft eine Perle im Heuhaufen. Es gibt ein paar wenige Menschen mit großem Namen, die ihre Popularität zur Verfügung stellen, um denen, die weniger berühmt sind ein Feld zu bieten, ihre wertvolle Arbeit zu streuen. Diese Menschen, die gewohnt sind, selbst im Mittelpunkt zu stehen, lenken nun den Scheinwerfer auf andere. Weniger egozentrisch zu handeln und sich mehr für die Sache einsetzen, herauszufinden, was man selbst zu geben hat und wie wir zusammen mehr erreichen können, darum geht es jetzt in dieser unserer Zeit mehr als je zuvor.

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